Haushaltsrede CDU Fraktion

Haushaltsrede 2021 vom 16. März 2021

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Gemeinderatskolleginnen und –kollegen,
werte Ortsvorsteherin und Ortsvorsteher, Bürgerinnen und Bürger, Beschäftigte der Verwaltung und Vertreter der Presse!

Gestern vor 2.065 Jahren, am 15.3.44 vor Christus wird Caesar ermordet. Heute vor 1.984 Jahren, am 16.3. anno 37 besteigt Caligula den Kaiserthron in Rom. Und auch Vespasian, römischer Kaiser in den Jahren 69 bis 79 hat einen Bezug zum Monat März.

Gaius Julius Caesar, Gaius Caesar Augustus Germanicus (genannt Caligula) und Titus Flavius Vespasianus - drei römische Kaiser aus der Zeit um Christi Geburt.

Was, ja was nur haben diese mehr oder weniger berühmten Persönlichkeiten aus grauer Vorzeit mit einer Haushaltsrede im 21. Jahrhundert zu tun?!?!

Ich will es Ihnen gern verraten, aber zuvor müssen Sie sich noch ein bisschen in Geduld üben …

Der 16.3. ist nicht nur der Tag der Thronbesteigung Caligulas und der Tag der Verabschiedung des Ebersbacher Haushaltes für 2021, es ist auch der Jahrestag des Beschlusses des ersten Lockdowns.

Lockdown, Masken, PCR- und Schnelltests, Impfen, Home Office, Krankenhausnotstand, Triage … Keine Sorge – ich werde mich nicht in epischer Breite über diese Themen auslassen.

Fakt ist aber, dass sich das Virus nicht nur auf unser aller Alltag auswirkt, sondern auch direkt und indirekt auf den städtischen Haushalt. Und das nicht nur im letzten und in diesem Jahr, sondern absehbar wohl auf Jahre hinaus.

So startete der Haushaltsentwurf der Verwaltung bei Einbringung am 15. Dezember 2020 mit einem Defizit von rund 3,3 Millionen Euro und einem Kreditbedarf allein für 2021 von 7,6 Millionen Euro.

Weitere 22 Millionen Euro an Krediten wären erforderlich, um dringend notwendige Investitionen in Schulen, Kindergärten, Straßen, Friedhöfe bis 2024 stemmen zu können.

Schieben, kürzen, streichen – damit haben wir auf dem Papier den diesjährigen Haushalt bis heute gerade noch zu einer „roten Null“ zusammenschustern können. Sie, Herr Höhn, bezeichneten es gerade als „schwarze Null mit einem roten Minus“ – auch auf diese Bezeichnung können wir uns gern einigen.

Dass uns – und vor allem den Generationen nach uns – das früher oder später auf die Füße fällt, liegt auf der Hand.

Abstrus – will doch gerade das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen für mehr Generationengerechtigkeit sorgen.

Die Pandemie, die teils drastisch sinkende Steuereinnahmen mit sich bringt, ist die eine Seite. Diese Seite darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass wir auf der anderen Seite ein strukturelles Problem bei der kommunalen Finanzierung haben.

Das Konnexitätsprinzip verkommt mehr und mehr zu einer leeren Hülle: Aufgaben werden verstärkt vom Land/dem Bund auf die Kommunen übertragen, man kann getrost auch von „Abwälzen“ sprechen.

Anfangs gibt es dazu vielleicht noch Zuschüsse, die jedoch im Gegensatz zur Wahrnehmung der Aufgabe einmalig oder zeitlich begrenzt, auf jeden Fall aber statisch ausgestaltet sind.

Es wird die Anschaffung gefördert, die Folgekosten für Instandhaltung, Unterhalt und Ersatzbeschaffungen aber bleiben dann an den Kommunen hängen.

Jüngstes Beispiel: die IT-Ausstattung von Schulen, Lehrerninnen und Schülerninnen.

Die Folge: ein kommunaler Investitionsstau in gigantischer Höhe, wachsende Schuldenberge und weiter sinkende Attraktivität des örtlichen Umfeldes – unseres unmittelbaren Lebensraumes.

Welche Kommune kann da noch Schulen sanieren, Schwimmbäder unterhalten, Vereine fördern und attraktive Beschäftigungsbedingungen für das eigene Personal schaffen?!

Die CDU-Fraktion tritt daher erstens seit langem dafür ein, einen langfristigen kommunalen Investitionsplan zu erarbeiten, der die Defizite in der Infrastruktur transparent macht, Möglichkeiten und Zeithorizonte aufzeigt und so Verständnis, Verlässlichkeit und breite Zustimmung bei den politischen Entscheidungsträgern und vor allem auch bei der Bürgerschaft erzeugt.

Zweitens: die CDU-Fraktion tritt seit langem dafür ein, das komplexe Problem der Finanzierung der Gemeinden in die Öffentlichkeit zu tragen, um unseren Bürgerinnen und Bürgern klar zu machen, warum in Ebersbach das Geld fehlt und wofür es eigentlich gebraucht würde oder verwendet werden muss.

Und vor allem, um auf Kreis-, Landes- und Bundesebene klar zu machen: so geht es nicht weiter!

Zwei Drittel der Investitionen der öffentlichen Hand werden durch die Kommunen geleistet, allein ein Drittel des Ebersbacher Haushaltes wird direkt oder indirekt für die Betreuung unserer Kinder – unser aller Zukunft – aufgewendet.

Dass das gut investiertes Geld ist, ist unbestreitbar. Dass eine Kommune jeden Euro nur einmal ausgeben kann, aber auch.

Wir brauchen die breite Öffentlichkeit als Unterstützung, da die fehlende finanzielle Basis die Erfüllung der kommunalen Aufgaben akut gefährdet und einer positiven Stadtentwicklung entgegen wirkt.

Dass das die Bürgerschaft gegen Stadtverwaltung und Gemeinderat aufbringt – auch das liegt auf der Hand.

Die Pandemie wirkt auch in diesem Bereich wie ein Katalysator oder Brandbeschleuniger: Ohne Sonderanpassungen der Länder im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches werden die Zuweisungen in Zukunft spürbar geringer ausfallen als vor der Krise.

Die Steuerschätzungen für 2021 zeigen hohe krisenbedingte Mindereinnahmen der Kommunen, während weitere Hilfen des Bundes oder Landes derzeit nicht absehbar sind.

Ziel einer Reform der kommunalen Finanzierung muss es sein, diese zu stabilisieren, krisenfest zu machen und dynamisch an die steigenden Anforderungen unserer Gesellschaft anzupassen.

Ansätze zur Reform der kommunalen Finanzen gibt es viele, wie zum Beispiel das „Vier-Säulen-Modell 2020“ der Stiftung Marktwirtschaft.

Man sollte annehmen, dass Kreisräte*innen, Landtags- oder Bundestagsabgeordnete für diese Probleme ein offenes Ohr haben.

Doch ein offenes Ohr allein hilft nicht, wenn es am Ende am Willen zur Veränderung des Systems fehlt – schließlich würde man ja mit einer Änderung zu Gunsten der Kommunen nur den Kreis, das Land, den Bund belasten.

Der Kuchen bleibt immer der Gleiche – er müsste aber anders verteilt werden.

Der Kreiskämmerer Stolz spricht heute in der NWZ von einer „Riesenüberraschung“ mit Blick auf einen Haushaltsüberschuss von absehbar 20 Millionen Euro – muss ich dazu noch etwas sagen?!

Die Möglichkeiten für Haushaltsanpassungen durch die Kommune selbst hingegen sind begrenzt.

Dennoch tritt die CDU-Fraktion drittens dafür ein, im Rahmen einer weiteren Haushaltsstrukturkommission Wege und Möglichkeiten zu suchen, ob überhaupt und wenn ja welchen Beitrag die Kommune selbst noch leisten kann, um den Ergebnishaushalt zu konsolidieren.

Und an dieser Stelle kommen jetzt endlich unsere drei Herren aus dem alten Rom ins Spiel …

Gaius Julius Caesar: um seinen Aufstieg zu finanzieren häuft er unermessliche Schulden an. „Panem et circenses“ – Brot und Spiele, um das Volk gefügig zu machen.

Um den Staatshaushalt zu sanieren und die Schulden abzutragen macht Caesar insbesondere eines: er führt Krieg, erobert immer neue Provinzen und lässt diese für die „pax romana“, den römischen Frieden, bezahlen.

Caligula hat da 81 Jahre später eine ganz andere Idee: Zunächst gewinnt er die Gunst der öffentlichen Meinung durch eine Generalamnestie. Er proklamiert ein neues Zeitalter und erklärt alte Konflikte für vergessen.

Caligula erklärt sich zum Gott – und die leere Staatskasse füllt er auf, indem er die Frauen und Töchter der Senatoren zur öffentlichen Prostitution zwingt. Schließlich geht er dazu über, die Senatoren zu liquidieren und deren Vermögen einzuziehen.

Vespasian: sein Erfindungsreichtum bei der Vermehrung der Staatseinnahmen ist bekannt. So ist er der Erfinder der Latrinensteuer. Als sich sein Sohn Titus bei ihm darüber beschwert, hält er ihm eine Münze aus dieser Steuer hin. Titus muss eingestehen, dass sie nicht stinkt. Daraufhin hält Vespasian ihm entgegen: „Und dennoch stammt sie aus dem Urin.“ Und wir erkennen: „Pecunia non olet!“ – „Geld stinkt nicht!“

Vespasian lässt umfangreiche Baumaßnahmen durchführen, gibt schöne Feste, um Lebensmittelhändlern Einnahmen zu verschaffen und: er beschenkt jedes Jahr am 1. März die Frauen!

Bei seinem Tod hinterlässt er dennoch geordnete Kassen und keine Schulden.

Nun – es liegt auf der Hand, was ich Ihnen sagen will:

Krieg, Gewalt und Verbrechen aller Art sind nicht das Mittel der Wahl für die Sanierung unseres städtischen Haushaltes.

Und wenn wir alle unseren Bürgermeister als Stadtoberhaupt schätzen – ich bin mir sicher, als Gott wollen wir ihm nicht unbedingt huldigen.

Was also können wir tun? Machen wir es wie Vespasian:

• wir müssen das Problem an der Wurzel packen und das kommunale Finanzierungssystem grundlegend überarbeiten; das schaffen wir nicht allein, dafür brauchen wir Unterstützung bis in höchste politische Ebenen;
• wir werden auch leider nicht umhin kommen, kommunale Steuern zu erhöhen; das muss jedoch wohl überlegt und abgewogen sein, ganz besonders im Nachlauf der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie;
• wir müssen unsere Ausgaben beschränken; dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger auch kleine Geschenke verdienen; nicht nur am 1. März, sondern ganzjährig zum Beispiel in Form eines Waldhöhenfreibades, einer Bibliothek oder eines Stadtmuseums und:
• wir brauchen Führungsqualitäten!
Es sind Entscheider gefragt, die Entscheidungen treffen, die nicht nach jedermanns Geschmack sein werden, die geltende Standards hinterfragen und jeden Euro zweimal umdrehen.

Es ist Zusammenhalt gefragt, denn die großen Gräben in unserer Gesellschaft kann ein Einzelner allein nicht schließen.

Dazu braucht es Transparenz und den Willen zu Verzicht und gegenseitiger Rücksichtnahme.

Unsere Bürgerinnen und Bürger müssen mit eingebunden werden – aber auch die Bereitschaft mitbringen, sich einbinden zu lassen und sich mit uns gemeinsam zu engagieren.

Eine Handvoll Plätze im Zuschauerraum bei öffentlichen Sitzungen sind dafür natürlich nicht gerade förderlich – wenn auch von der Gemeindeordnung gedeckt und aus Pandemiegründen notwendig.

Und: Es sind Visionäre gefragt, die sich auf den Weg machen und über wackelige Brücken Neuland betreten.

Dilettantismus, Verzagtheit und Angst vor Opposition bringen uns grundsätzlich und ganz besonders in der beschriebenen Haushaltssituation nicht weiter.

Ein Wahnwitz, wenn man bedenkt, welche Chancen auf einen ökologisch verträglichen Strukturwandel und die so fundamental wichtige Verstetigung der Gewerbesteuereinnahmen mit dem Ausstieg der Nachbargemeinde aus dem gemeinsamen Gewerbegebiet Strut zunächst einmal verbaut sind – für Uhingen genauso wie eben leider auch für Ebersbach!

Mein Dank für gute Zusammenarbeit und ein gutes Miteinander hingegen geht an meine Fraktionskollegin und -kollegen, die Mitstreitenden im Gemeinderat sowie unsere Verwaltung mit Herrn Keller an der Spitze.

In den vergangenen Monaten konnten wir viele neue Kolleginnen und Kollegen, teils auf lange vakanten und strategisch wichtigen Stellen in Ebersbach willkommen heißen. Wir freuen uns darauf, mit Ihnen allen die Herausforderungen der nächsten Jahre anzupacken!

Darüber hinaus geht der Dank der CDU-Fraktion an alle ehrenamtlich Tätigen, die sich in vielfacher Art und Weise für unsere Stadt einsetzen – was schon vor der Pandemie unendlich wichtig war und jetzt noch mehr an Bedeutung gewinnt!

Die Zustimmung zum Haushalt 2021 kann schon einen schalen Geschmack hinterlassen – sind doch viele Fragen, eigentlich zu viele Fragen, ungeklärt.

Aber wie sagt Rido Busse, der kürzlich verstorbene Gründer der Aktion Plagiarius e.V.?

„In jeder Gesellschaft gibt es Macher, Mitmacher und Miesmacher!“

Wir von der CDU-Fraktion zählen uns zu den Machern – wenn andere gute Ideen haben, gern auch zu den Mitmachern.

Das Miesmachen jedenfalls überlassen wir anderen!

Für die CDU-Fraktion
Oliver Knur
Fraktionsvorsitzender

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